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Tsutomu Ben Yagi (Doktorand)

Projektsdarstellung

Das Ziel dieses Forschungsprojekts besteht in der Herausbildung eines originären, aufschlussreichen und vertieften Verständnisses der Hermeneutik. Dieses Ziel wird in erster Linie durch Interpretation des hermeneutischen Denkens Gadamers ausgearbeitet. Entgegen der derzeit beschränkten Rezeption Gadamers, wird in dieser Arbeit versucht, eine erleuchtende Interpretation Gadamers vorzulegen, womit sein Denken für die aktuellen Diskussionen in der Philosophie wieder relevant und bedeutsam gemacht wird. Dabei ist die hier vertretene Überzeugung, dass die Werke Gadamers uns mannigfaltige Wege aufzeigen können, wie ein grundsätzlich neues Denken ermöglicht werden kann.

Nicht nur das Denken Gadamers wird genauer betrachtet, sondern der Fokus wird auch auf manche aktuellen Philosophen (z.B. Agamben, Sloterdijk und Waldenfels) gerichtet, deren Denken bisher nicht besonders rege in Auseinandersetzung mit dem Denken Gadamers gebracht wurde.

Das genaue Ziel des hier anvisierten Projektes ist es, die Hermeneutik als undifferenziertes Denken zu bestimmen. Hierzu wird die sprachliche Dimension der Hermeneutik umfassend untersucht, um das Moment der Indifferenz aufzuzeigen. Gegen die Logik der Differenz, welche über die letzten Jahrzehnte verbreitet worden ist, wird stattdessen hier versucht herauszuarbeiten, dass die Indifferenz einen maßgeblichen Platz für unser Denken einnimmt. Diese Untersuchung der Sprache wird auf verschiedenen Ebenen durchgeführt, wodurch auch eine zeitliche Struktur unseres Verhältnisses zur Sprache sichtbar wird, womit das Moment der Indifferenz verständlich angezeigt werden kann. In diesem Zusammenhang dringt die Untersuchung auf phänomenologische Weise tief in unser Verhältnis zur Sprache ein, wobei die Momente des Zur-Welt-Kommens (Sloterdijk), der Geburt und des Infans (Kindheit) thematisiert werden. Im Anschluss daran wird die Sprache als Zur-Sprache-Kommen, Mundart und Muttersprache interpretiert, wodurch sich das Moment der Indifferenz herausstellt. Im Grunde versucht das Projekt, den "Ort des Zwischen" der Hermeneutik Gadamers als den Ort der Indifferenz zu verstehen.

Herangehensweise

Die zu voranbringende Doktorarbeit wird im ersten Schritt durch eine Analyse der Primär- und Sekundärliteratur und Interpretation dergleichen ausgearbeitet. Darüber hinaus setzt diese Arbeit den Geist der Hermeneutik insofern fort, als ihre Bedeutsamkeit im Wesentlichen darin besteht, dass sie ins Gespräch mit Schlüsselfiguren gebracht und dadurch nicht bloß als eine neue Interpretation, sondern im Grunde eine neue Art des hermeneutischen Denkens gedacht wird. In diesem Sinne kann die Untersuchungsmethode als solche als hermeneutisch bezeichnet werden. Als eine bemerkenswerte indirekte Folge des hier verfolgten Ansatzes ist die Aktualisierung des Blickwinkels auf die Texte Gadamers.

Das Forschungsprojekt bezieht sich vor allem auf die Vertiefung des Verständnisses des Phänomens 'Sprache' im Rahmen des hermeneutischen Denkens. Ausgehend von der phänomenologischen und hermeneutischen Untersuchung werden hier die Modalitäten der Sprache freigelegt. Obwohl von der Aktualisierung der Interpretation des Denkens Gadamers gesprochen wurde, wird selbstredend die Tradition der Hermeneutik nicht außer Acht gelassen. Klassische Hermeneutiker wie Schleiermacher, Herder und Humboldt werden insofern betrachtet, wenn ihre Beiträge zum Sprachverständnis eine wichtige Rolle spielen.

Im Hintergrund stehend ist die Herangehensweise, dass die Modalitäten des In-der-Sprache-Seins durch den zeitlichen Rückblick des Lebens insofern analysiert werden, als die Struktur der Sprachlichkeit vom Blick der Erwachsenen zu dem des Infans (Kindheit) und des Zur-Sprache-Kommens entfaltet wird. Durch den Rückblick wird gewissermaßen die 'Grammatik des Lebens' aufgezeigt, die unsere verschiedenen Verhältnisse zur Sprache markiert. Diese Orientierung der Analyse entspricht der Hervorhebung des Sprachlernens sowie der Muttersprache beim späteren Denken Gadamers.

Was aber am allerwichtigsten ist die Folge, dass durch diese Forschungsarbeit die Dimensionen des Ungesagten im Denken Gadamers vorgelegt werden. Mit anderen Worten besteht das Forschungsziel darin, mittels einer originellen Interpretation seines Denkens – mit dem Blick auf das von Gadamer Ungesagte – zugleich auch anderen Betrachtungsweisen zugänglich zu machen. Diese Dimensionen des Ungesagten werden als die Möglichkeit des hermeneutischen Denkens überhaupt angesehen.