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Marion Stahl (Doktorandin)

Das Promotionsprojekt widmet sich zunächst zwei wesentlichen Elementen in Arendts Werk: Zum einen soll die zentrale Rolle von räumlichen und topographischen Metaphern in relevanten Schriften in den Blick genommen werden. Zum anderen möchte ich ausführlich auf Arendts Phänomenologie eingehen und dabei neben den zahlreichen Bezügen zu Heidegger auch die Rolle Husserls, Schelers und Merleau-Pontys in Arendts phänomenologischen Ansatz berücksichtigen. Mein Ziel ist es, eine systematische Verbindung von Raum- und Ortsthematik wie phänomenologischer Analyse bezüglich Arendts Werk vorzunehmen. Trotz umfassender Rezeption ihres Konzepts eines öffentlichen Raums, das sie insbesondere in ihrer Schrift The Human Condition/Vita activa. Oder vom tätigen Leben entfaltet, fehlt bisher eine umfassende konzeptionelle Untersuchung der Raum und Ortsaspekte, die auch ihr Spätwerk eingehend berücksichtigt.

Arendts Konzept des Öffentlichen, das sie in ihrer Schrift The Human Condition/Vita activa. Oder vom tätigen Leben entfaltet, ist mit Begriffen durchsetzt wie „Erscheinungsraum“, „Welt“ und „Zwischen-Raum“. Der eigentliche politische Raum, der Bereich des „Zwischen“, ist zunächst als ein potentieller Raum bestimmt, dessen Existenz sich einer steten Aktualisierung verdankt. Auch wenn der öffentlich-politische Raum nicht durch eine genuin territoriale Verortung, sondern vielmehr durch eine innere Differenz zum privaten Bereich bestimmt ist, betont Arendt durchaus die Wichtigkeit einer äußeren Verortung des Politischen in der Welt, um so erst die Voraussetzungen zu schaffen, den politischen Raum als einen überdauernden zu etablieren. In diesem besonderen interpersonalen Zwischen-Raum, der sich als ein „intransitives Bezugssystem“ als Folge des Handelns und Sprechens zwischen den Menschen ausbildet,enthüllt sich das „Wer“ des Handelnden anhand der ausgebildeten Bezüge als Narration. An dieser Stelle erscheint es sinnvoll, ausführlich auf Arendts Handlungstheorie einzugehen und die verschiedenen Funktionen und Bezugsebenen des Zwischen zu beleuchten.

In Arendts stärker philosophisch ausgerichteten Spätwerk (The Life of the Mind/Vom Leben des Geistes und Lectures on Kant's Political Philosophy/Das Urteilen)wendet sich Arendt explizit dem Bereich der „vita contemplativa“ zu. Hier entwirft sie eine eigene Phänomenologie der geistigen Fähigkeiten, wobei sie sich methodisch an Merleau-Ponty orientiert. An dieser Stelle sei auf die vermittelnde Rolle der Urteilskraft verwiesen: In Auseinandersetzung mit Kants zuvorderst ästhetisch bestimmter Urteilskraft entdeckt Arendt die politische Dimension des Urteilens. Arendts Topologie der Urteilskraft bildet im Grunde eine Schnittstelle zwischen politischer Theorie und phänomenologischer Analyse, der ich auf den Grund gehen möchte. Darüber hinaus ist ein komparatistischer Ansatz angedacht, der ähnliche Konzepte anderer Autoren miteinbezieht.